Sieben junge Filme gewinnen beim 28. Jugendfilmpreis Sachsen-Anhalt

Ein begeistertes Publikum im Schauspielhaus Magdeburg und zu Hause am Bildschirm, 27 nominierte Filme und sieben prämierte Werke: Am Sonntag wurden beim Jugendfilmpreis Sachsen-Anhalt bereits zum 28. Mal junge Filmemacherinnen und Filmemacher des Landes ausgezeichnet. Das sechsstündige Programm umfasste alle Genres: fantastische und liebevolle Produktionen von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, aufwändige Animationen, spannende Kurzfilme, informative Reportagen, lehrreiche Musikvideos, Grusel- und Horrorgeschichten, sowie Sciene-Fiction passend zum diesjährigen Motto „Rewind“.

„Nurt / Strömung“, „.RAW“ und „FlaR Börde Beast“ gewinnen in der Kategorie „Next Level“

Der erste Preis in der Kategorie „Next Level“ geht dieses Jahr an den Kurzfilm „Nurt / Strömung“ von Michal Bisiorek, der im Offenen Kanal Magdeburg einen europäischen Freiwilligendienst absolviert hat und so in Kontakt mit den Bürgermedien in Sachsen-Anhalt kam.

Zwei Hände halten einander vertraut, gehen ein Stück gemeinsam und lösen sich dann in verschiedene Richtungen. In „Nurt“, zu deutsch „Strömung“, wird der innerste Kern der Erzählung schon in den ersten beiden Einstellungen auf wunderschöne Weise eingefangen, ist sich die Jury einig. Sowohl visuell als auch atmosphärisch wertvoll, erzählt der Film von einem Abschied. Dafür zoomt Michal Bisiorek in den Mikrokosmos zweier Menschen, in dem es nur die beiden und ihre gemeinsame Welt zu geben scheint. Die visuelle Abwesenheit anderer Menschen und Dinge, wie dem angespielten Boot, schafft eine einzigartige Atmosphäre, die sich irgendwo zwischen Theaterbühne und privater Erinnerung ansiedelt. Die spezielle Farbgebung, die Musik, die Tongestaltung und nicht zuletzt das 4:3 Format unterstreichen diese nostalgisch poetische Erzählweise.
Durch viele kleine Details und besondere Einfälle für Kameraeinstellungen und Handlungen, wie zum Beispiel das „aus dem Bild fallen“, ist der Film nicht auf Dialoge und Erklärendes angewiesen. Und das obwohl der vorhandene Dialog auch immer gefühlvoll wirkt und die Stimmung unterstreicht.
„Nurt“ von Michal Bisiorek schafft es durch seine subtile, feine Erzählung eine große Angelegenheit, die jeder Mensch kennt, auf das Wesentliche zurückzuführen:  Gehen oder bleiben?

Der zweite Preis in der Kategorie „Next Level“ des Jugendfilmpreises Sachsen-Anhalt geht an „.RAW“ von Paul Funk, dessen Regiearbeit uns sehr beeindruckt hat, begründet die Jury ihre Entscheidung. Alle filmischen Mittel greifen gekonnt eingesetzt ineinander: Das Licht wird ganz bewusst und in kreativer Weise gesetzt, der Bildaufbau und die Kameraführung verraten genau so viel bzw. wenig, dass wir aufmerksam nach mehr Infos suchen und wie die Hauptfigur selbst unsicher ins Schwarze blinzeln. Ton und Musik lassen erahnen, dass da tatsächlich etwas lauert, spielen mit unserer Spannung und lassen uns, obwohl wir doch genau wissen, was gleich kommt, dann doch zusammenschrecken. Der Film bleibt den Traditionen seines Genres treu, inklusive Rockmusik zu Beginn, Jump Scares und der immerwährenden Frage: Warum nur musst du denn nachts allein zum Monster fahren?

Die lobende Erwähnung in der Kategorie „Next Level“ geht an „FlaR Börde Beast“ von Antonius Glufke, einer Dokumentation der gleichnamigen Radsport Veranstaltung.
Die Jury hebt den immensen Aufwand, welchem selten viel Aufmerksamkeit zuteil wird, hervor, weil er in einem dunklen, ruhigen Kämmerchen stattfindet, dem Schneideraum. Durch die Verbindung von Material aus vielen verschiedenen Kameras, den kraftvollen Einsatz actiongeladener Musik und dem akzentuierten Bildwechsel ist ein Film entstanden, der an professionelle Sportreportagen anknüpft und den Zuschauer mit auf eine zehrende Reise nimmt.

„VMMA“, „Die Zeitreise“ und „Das Schweigen der Schlüssel“ wurde in der Kategorie „Newcomer“ ausgezeichnet

Der erste Platz in der Kategorie „Newcomer“ geht an “VMMA”, einem audiovisuellen Ergebnis aus dem Jugend Filmworkshop des Kinder- und Jugendpfarramtes der evangelischen Landeskirche Anhalts in Dessau unter der Leitung von Hans Höpfner. Das Musikvideo hat alle Jurymitglieder durch seine Professionalität, sein Konzept, seinen Humor und die sichtbare Freude am Filmen überzeugt. „VMMA“ steht für „Versuchs mal mit Anwendbarkeit“. Abgesehen von den technischen Aspekten, dem tollen dynamischen Schnitt, den raffinierten Übergängen und Effekten, ist die Botschaft dieses Videos sehr treffend. Ein Jurymitglied erinnert sich an ihre Schulzeit, in der sie viel Zeit damit verbracht hat, Dinge zu lernen, die überhaupt nicht nützlich waren. Das Musikvideo VMMA schreit geradezu danach, dass Bildung sinnvoll sein und uns dienen soll, anstatt uns in Stress und Depression zu stürzen. Es tut dies auch sehr effektiv mit Musik, die unglaublich eingängig ist – ein perfekter Ohrwurm! Die jungen Filmschaffenden setzen die Mittel der Filmsprache sehr bewusst, humorvoll und mit großer Leichtigkeit ein, um Ihre Botschaft zu vermitteln. Ihre Vorstellungskraft und ihre Fähigkeiten ermöglichen es ihnen, eine einzigartige Welt zu schaffen, wo alles möglich ist und wo man unter dem Mikroskop sogar ein rappendes Schulmädchen sehen kann. Die Jury hofft, dass Ihr Video denjenigen, die im Bildungssystem arbeiten und darüber entscheiden, einen Denkanstoß geben kann.

Den zweiten Preis erhält der Film „Die Zeitreise“ von Aftkhar Muhamadi und Frida Findeisen, weil er eine Sicht von Kindern und Jugendlichen auf Integrationsprobleme zeigt, ohne dabei den pädagogischen Zeigefinger zu erheben. Mit den Mitteln des fantastischen Kinos, von Dr. Who (Die Telefonzelle) bis zum expressionistischen Stummfilm, wird vor allem eine Geschichte von Freundschaft erzählt. Das ist kindgerecht und beeindruckend zugleich.

Die lobende Erwähnung geht an „Das Schweigen der Schlüssel“ von Yara von Saleski, die aktuell ihr Freiwilliges Soziales Jahr Kultur (FSJ Kultur) beim Offenen Kanal Magdeburg absolviert.
Der im Film abgebildete triste Alltag, der unvermittelt von Schrecken durchbrochen wird, ist hier vielleicht etwas kantig gespielt und überzeugt nicht unbedingt mit ausgefeiltem Sounddesign. Er öffnet aber die Tür zu einer Geschichte, die zweifelsfrei die Grundlage für einen markerschütternden Langspielfilm bilden könnte. Und hinter dieser Tür lauert „Das Schweigen der Schlüssel“, ist sich die Jury sicher.

„Die Mondladung“ gewinnt in der Kategorie „First Steps“

Der Film „Die Mondlandung“, welcher in einer Projektwoche der Tagesklinik für Kinder und Jugendpsychiatrie/-psychosomatik und -psychotherapie in Salzwedel unter der Leitung von Janet Meusel entstanden ist, hat uns auf eine Reise in eine dystopische Welt mitgenommen, in der Astronaut*innen, Astrotauben und unbekannte Planeten aufeinandertreffen. Mit seinen coolen Effekten, seinem spannenden und bildreichen Erzählstil und der beeindruckenden Einstiegsanimation, die kunstvoll und einfallsreich gestaltet ist, zieht er uns direkt in das Geschehen und führt uns behutsam in die Welt des Films ein, erläutert die Jury. Hier wurde mit Bedacht und Raffinesse an der Visualisierung von Situationen gearbeitet. Er hat uns gezeigt, wie viel Arbeit und Liebe zum Detail in einem Film stecken können und wie ein gut geschriebenes Drehbuch einen Film zum Leben erwecken kann. „Die Mondlandung“ ist ein Film, der nicht nur unterhält, sondern zum Nachdenken anregt. Trotz seiner dystopischen Erzählung vermittelt er eine inspirierende Botschaft: die Fähigkeit des Menschen, Grenzen zu überwinden. Er erinnert uns daran, dass wir alle das Potenzial haben, über uns hinauszuwachsen, aber auch, wie wichtig es ist, dies behutsam und verantwortungsbewusst zu tun, um negative Folgen zu vermeiden.

Der Publikumspreis geht an „Die Zeitreise“ von Aftkhar Muhamadi und Frida Findeisen

Der Film „Die Zeitreise“, der im Rahmen der Filmwerkstatt des Offenen Kanals Salzwedel in den Sommerferien entstanden ist, konnte auch das Publikum, welches für einen Film aus den Kategorien „Newcomer“ und „Next Level“ abstimmen konnte, überzeugen, und erhielt damit den vierten Pokal des Jugendfilmpreises Sachsen-Anhalt 2023.

In diesem Jahr wurde insgesamt 74 Kurzfilme, an denen hunderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene beteiligt waren, zum Jugendfilmpreis Sachsen-Anhalt eingereicht. Die Filme gewähren einen einzigartigen Einblick in die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen und zeigen auf vielfältige Art und Weise, wie kreativ, mutig und engagiert der Filmnachwuchs im Land ist. Seit 28 Jahren bietet der Preis jungen Menschen eine eigene Plattform, um ihre ersten Werke einem großen Publikum zu präsentieren.  Der Jugendfilmpreis wurde 1994 von den Offenen Kanälen des Landes ins Leben gerufen und wird unterstützt von der Medienanstalt Sachsen-Anhalt, dem Ministerium für Kultur Sachsen-Anhalt, der Landeszentrale für politische Bildung, der Lotto-Toto-GmbH Sachsen-Anhalt und dem Theater Magdeburg.

Der gesamte Jugendfilmpreis Sachsen-Anhalt 2023 wird am Montag, d. 04.12.2023 ab 10 Uhr im Offenen Kanal Magdeburg ausgestrahlt. Die ausgezeichneten Filme der drei Kategorien werden am Mittwoch, d. 06.12.2023 um 18 Uhr im TV zu sehen sein.

Kontakt:
Landesverband Offene Kanäle Sachsen-Anhalt e.V.
Olvenstedter Straße 10
39108 Magdeburg
kontak@jugend-film-preis.com

 

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